Engagement

Kampf um die Churer «Kante»

Der Kampf um den Erhalt des biedermeierlichen Gutshofs «Zur Kante» in Chur Masans ist noch nicht entschieden. Mit einer Aufsichtsbeschwerde konnte der Bündner Heimatschutz den geplanten Abbruch des wertvollen Ensembles fürs Erste verhindern. Doch ist sein Schicksal ist weiterhin offen.

Für viel Unmut sorgte das Ansinnen der Stadt Chur, den geschichtsträchtigen Gutshof «Zur Kante» in Chur-Masans einer Bus- und Fahrradspur zu opfern. Um das Haus vor dem Abbruch zu retten, gelangte der Bündner Heimatschutz im März 2016 mit einer Aufsichtsbeschwerde an die Bündner Regierung. Am 7. Februar 2017 entschied der Kanton zugunsten heimatschützerischer und denkmalpflegerischer Anliegen und wies die Stadt Chur an, das Verfahren um die Verbreiterung der Masanserstrasse im Abschnitt Weisstorkelgasse – Kreisel Masans neu aufzurollen (Regierungsbeschluss). Seither wurde die Strasse in Etappen verbreitert. Der geschützte Gutshof wird nun beidseits provokativ von der Strasse bedrängt. An den Abbruchgelüsten des Churer Stadtrats hat sich nichts geändert.

Luftaufnahme von Walter Mittelholzer, 1925. © ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Stiftung Luftbild Schweiz LBS_MH01-004460
Luftaufnahme von Walter Mittelholzer, 1925

Wertvolles Ensemble

Das Haus «Zur Kante» ist der letzte authentisch erhaltene Bauernhof der Biedermeierzeit in der näheren Umgebung von Chur. Architekturhistorisch interessant ist vor allem die Überformung eines ehemals barocken Landsitzes des frühen 18. Jahrhunderts in einen bürgerlich geprägten Bauernhof der Zeit nach dem Ende des Ancien Regime. Der Hof ist Teil eines historischen Bauten-Ensembles, das als empfangsartiges «Tor zur Stadt» am Eingang von Chur einen städtebaulich relevanten Akzent setzt. Er gibt dem östlichen Eingang von Chur eine Anmutung von Geschichte, eine historische Orientierung und Identifikation.

Geschichte

Der Gutshof «zur Kante» in Chur-Masans
Bündner Monatsblatt 3/2021
Beitrag von Ludmila Seifert zur Architektur- und Kulturgeschichte des «Kanten»-Guts

Der Erhalt wäre ein Gewinn für die Stadt

Der Hof «zur Kante» ist ohne Zweifel ein schützenswertes Baudenkmal. Das im Sommer 2021 vom Kanton in Auftrag gegebene Gutachten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege wird unter Verschluss gehalten – dies lässt vermuten, dass die EKD die bereits im ISOS festgestellte Schutzwürdigkeit des Ensemble stützt.
Laut dem im November 2015 veröffentlichten Weissbuch zur städtischen Boden- und Liegenschaftspolitik sind für den Abbruch des Hauses zur Kante insgesamt rund 240'000 Franken vorgesehen. Mit den Kosten des Rückbaus liesse sich das Gebäude soweit instand stellen, dass es vorderhand bewohnbar bliebe. Wie hoch der Investitionsbedarf tatsächlich ist, wurde nie sorgfältig abgeklärt.

Beim «Fall Kante» geht es um Grundsätzliches: In Chur verschwinden immer mehr bedeutsame baukulturelle Zeugen der Vergangenheit. Statt dem Verfassungsauftrag nachzukommen und das historische Erbe zu schützen, zeigt die Stadt viel Verständnis für Bauherren, die an Baukultur wenig interessiert sind. Oder sie beruft sich auf vermeintliche Sachzwänge, um Abbrüche zu rechtfertigen. Mit der Zerstörung identitätsstiftender Bauwerke allerdings wird Stück für Stück die Geschichte aus dem Stadtbild eliminiert.

Berichte

Der Kampf um die Churer «Kante» ist immer wieder in den regionalen Medien präsent

Leserbriefe

Auch in den Leserbriefspalten war der «Fall Kante» prominent vertreten