Wie können wir unseren Lebensraum gestalten, ohne zu zerstören, wovon wir leben? Für das Gebiet Ruggenbrecher in Chur-Masans hat der Bündner Heimatschutz die Vision einer neuen Nachbarschaft erarbeitet, die zeigt, wie ein Zusammendenken von Baukultur, Klimaschutz und Biodiversität Mehrwerte für Mensch und Natur gleichermassen schafft.
Die fortschreitende Erderwärmung und der ungebrochene Artenschwund sind existentielle Herausforderungen der Gegenwart. Die Baukultur hat die Krisen massgeblich verstärkt – und steht in der besonderen Verantwortung, zur Lösung der überwältigenden Probleme beizutragen.
In der Baupraxis lässt sich bislang allerdings keine grundsätzliche Richtungsänderung erkennen – zumindest nicht auf breiter Front. Hermetisch abgedichtete, Minergie-zertifizierte Gebäude mit integrierter PV-Anlage und einer Tiefgarage mit Ladestationen für Elektroautos werden gemeinhin als «ökologische Leuchttürme» angepriesen – eine auf engem Raum zusammengedrängte Ansammlung solcher Gebäude gilt entsprechend als «nachhaltiges Quartier». Wirklich zukunftsfähig sind solche Lösungen allerdings nicht, da sie auf dem Konzept einer konsumorientierten Wegwerfgesellschaft basieren, das dem Gedanken der Nachhaltigkeit grundsätzlich zuwiderläuft.
Die einseitige Fokussierung auf technische Lösungen greift zu kurz. Klima- und Biodiversitätskrise sind komplexe Angelegenheiten, die nach einer ganzheitlichen Neuorientierung unserer Lebensweise verlangen und uns zu einer effektiven Haltungsänderung zwingen.
Wie können wir unseren Lebensraum gestalten, ohne zu zerstören, wovon wir leben? Im Sommer 2023 lud der Bündner Heimatschutz vier junge Architektinnen und Architekten aus Graubünden ein, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Für den Ruggenbrecher im Churer Quartier Masans, ein Gebiet, das seit Jahren auf eine städtebauliche Definition wartet, sollten sie einen Entwurf erarbeiten, der ernsthaft und mit positiven Botschaften auf den Notstand unseres Planeten reagiert. Ein vielköpfiger Rat aus Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachrichtungen hat sie geführt und begleitet. Als Erstes galt es, die Utopie einer Gesellschaft zu formulieren, die den Anforderungen eines umweltbewussten und sorgetragenden Lebens genügen kann. Darauf basierend wurde ein Programm von Bedürfnissen, Wünschen, Sehnsüchten usw. geschrieben, das seinerseits als Grundlage für den Vorschlag der räumlichen und baulichen diente. Eine Ausstellung zeigt die gemeinsam erarbeitete Idee: Die Transformation des Ruggenbrechers in den Kantenhain.
Idee, Projektleitung
Ludmila Seifert, Kunsthistorikerin, Geschäftsleiterin Bündner Heimatschutz
Architektinnen /Architekten
Studio Bisig Rocchelli
Fabian Bisig, Lucia Anna Rocchelli
scanArc
Léo Collomb, Lisa Collomb
Begleitgremium
Werner Binotto, Architekt, ehemaliger Kantonsbaumeister von St. Gallen
Köbi Gantenbein, Soziologe, langjähriger Verleger und Chefredaktor von Hochparterre
Patrick Gartmann, Bauingenieur und Architekt, Präsident Bündner Heimatschutz
Rita Illien, Landschaftsarchitektin
Raimund Rodewald, Biologe, Geschäftsleiter Stiftung Landschaftsschutz Schweiz
Christoph Schläppi, Architekturhistoriker, Dozent für Architekturkritik an der zhaw Winterthur
Patrick Schoeck-Ritschard, Kunsthistoriker, Geschäftsleiter BSLA
Christina Schumacher, Soziologin, Dozentin für Sozialwissenschaften an der FHNW
Die Ausstellung unter dem Titel «MEHR FÜR ALLE! Baukultur, Klima, Biodiversität – und der Ruggenbrecher in Chur» findet vom 1. bis 15. September 2024 im LABOR am Pfisterplatz an der Herrengasse 6 in der Churer Altstadt statt.
Präsentiert wird kein baureifes Projekt, sondern ein Vorschlag für eine zukunftsfähige Nachbarschaft, der in den Grundentscheidungen richtig auf die existenziellen Bedrohungen unserer Zeit reagiert. Eine Vision, die zeigt, dass ein Zusammendenken von Baukultur, Klimaschutz und Biodiversität Mehrwerte für Mensch und Natur gleichermassen schafft.
Ziel ist es, eine breite Öffentlichkeit zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensstil zu animieren und für die Notwendigkeit alternativer Ansätze bei der Gestaltung unseres Lebensraums zu sensibilisieren. Natürlich soll die Initiative auch dazu dienen, die anstehende Arealplanung des Ruggenbrechers in eine nachhaltigere, die Dringlichkeiten der Zeit berücksichtigende Richtung zu lenken.
Die Ausstellungsinhalte werden bis Ende September auf dieser Website hochgeladen.
Konzeption, Texte
Ludmila Seifert, Bündner Heimatschutz
Szenografie, Modell, Aquarelle
Studio Bisig Rocchelli
Fabian Bisig, Lucia Anna Rocchelli
Grafik
Lars Egert
Erzählung «Leben im Kantenhain»
Gianna Olinda Cadonau
Klanginstallation «Im Kantenhain», Audioaufnahmen
Moritz Seifert
Druck
Zäch Siebdruck & Reklamen GmbH
Der Katalog zur Ausstellung «MEHR FÜR ALLE!» ist die dritte Ausgabe unserer Zeitschrift für Baukultur.
Der Katalog enthält Texte von Köbi Gantenbein, Ludmila Seifert und Werner Binotto, Bilder vom Studio Bisig Rocchelli – und eine Erzählung von Gianna Olinda Cadonau.
56 Seiten, zahlreiche Illustrationen
Kommissionsverlag Desertina
ISSN 2813-3811
CHF 17.00
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Während der Dauer der Ausstellung findet ein vielfältiges Rahmenprogramm statt. Der Besuch von Ausstellung und Begleitveranstaltungen ist kostenlos – und steht allen Interessierten offen! Es wird eine Kollekte erhoben.
AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG
Grusswort – Simon Gredig
Einführung – Patrick Gartmann, Ludmila Seifert
Referat – Werner Binotto
Musik – Jan Rehwinkel
WERKSTATT, Untere Gasse 9, 7000 Chur
LESUNG
Jonathan Franzen: Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?
Gestehen wir uns ein, dass wir die Klimakatastrophe nicht verhindern können
mit Nikolaus Schmid
WERKSTATT, Untere Gasse 9, 7000 Chur
REFERAT
Jeder Ort braucht einen Entwurf
Oliver Streiff, Architekt und Jurist, Präsident Forum Raumordnung Schweiz
WERKSTATT, Untere Gasse 9, 7000 Chur
KONZERTANTE LESUNG
Echo vom Ruggenbrecher
Köbi Gantenbein und Fläscherkapelle
WERKSTATT, Untere Gasse 9, 7000 Chur
FÜHRUNG
mit Ludmila Seifert, Geschäftsleiterin Bündner Heimtaschutz
LABOR am Pfisterplatz, Herrengasse 6, 7000 Chur
FÜHRUNG
mit Ludmila Seifert, Geschäftsleiterin Bündner Heimtaschutz
LABOR am Pfisterplatz, Herrengasse 6, 7000 Chur
FÜHRUNG
mit Ludmila Seifert, Geschäftsleiterin Bündner Heimtaschutz
LABOR am Pfisterplatz, Herrengasse 6, 7000 Chur
REFERAT
Gebaute Siedlungsutopien
Dieter Schnell, Architekturhistoriker
WERKSTATT, Untere Gasse 9, 7000 Chur
REFERAT
Was uns glücklich macht – oder auch nicht
Mathias Binswanger, Ökonom
WERKSTATT, Untere Gasse 9, 7000 Chur
FÜHRUNG
mit Ludmila Seifert, Geschäftsleiterin Bündner Heimtaschutz
LABOR am Pfisterplatz, Herrengasse 6, 7000 Chur
FÜHRUNG
mit Ludmila Seifert, Geschäftsleiterin Bündner Heimtaschutz
LABOR am Pfisterplatz, Herrengasse 6, 7000 Chur
Der Bündner Heimatschutz dankt allen Geldgebern für ihre Grosszügigkeit!
SWISSLOS/Kulturförderung, Kanton Graubünden
Bundesamt für Kultur BAK
Schweizer Heimatschutz
Ernst Göhner Stiftung
Senn Resources AG
Sophie und Karl Binding Stiftung
Hamasil Stiftung
Keller AG Ziegeleien
Josias Gasser Baumaterialien AG
Stiftung Landschaftsschutz Schweiz SL
BSA Zürich Aargau Glarus Graubünden
Stadt Chur
GKS BEITRAGSFONDS
Stiftung Stavros S. Niarchos
Tino Walz Stiftung
Stadtverein Chur
Die Ausstellung «MEHR FÜR ALLE» ist Teil der Schoggitaler-Aktion 2024. Ihr Motto heisst: «Lebensräume für Mensch und Natur» und sie stellt die Wechselwirkung von Baukultur, Klimaschutz und Förderung der Artenvielfalt ins Zentrum. Hintergrund der Themensetzung ist die Klimaoffensive Baukultur, die der Schweizer Heimatschutz zusammen mit zahlreichen Verbänden 2020 lanciert hat.
Anlässlich des Schoggitalers 2024 finden schweizweit zahlreiche Veranstaltungen zum Thema «Baukultur, Klima, Biodiversität» statt.